XVII.

            Vierzeiler
            ('Chüeh Chü')

            Sei stets tapferen Mutes im Leben,
            Als kühner Geist, noch im Tode, zu ehren,
            Gleich Hsiang Yü, der - bis heut unvergessen -
            Wollte ostwärts den Strom nimmer queren.

                  Li Ch'ing-chao (1084-1151?)


            XVIII.

            Beim 'Pavillon auf Bergeshöh'
            (Ts'ui-wei T'ing) in Ch'ih-chou

            Das Kriegsgewand vom Staub bedeckt
            des ganzen Jahres,
            Zum Pavillon hinauf, daß unter Blütenduft
            ich kurz verweile.
            Wurd nimmer satt, der Wasser Reiz, des Berges
            Schönheit zu betrachten;
            Kehre im Mondschein nun zurück - des Zelters
            Hufe drängten mich zur Eile.

                    Yüeh Fei (1103-1141)


            XIX.

            Der kleine Teich

            Lautlos und sorgsam-fein aus ihrem Grunde
            rinnt die Quelle,
            Im Schatten unter Bäumen schimmert Wasser,
            birgt liebend Tages sanfte Helle.
            Die Lotosknospen recken zart, von Tau bedeckt,
            erst ihre Spitzen,
            Und morgens früh steht drüber schwebend
            die Wasserjungfer und Libelle.

                  Yang Wan-li (1124-1206)


            XX.

            In der Morgendämmerung geleite ich Lin Tzu-fang
            hinaus zum Kloster der Reinen Barmherzigkeit

            Endlich am Westsee dann,
            mitten im sechsten Mond,
            Der Landschaft Glanz, nicht gleich
            dem and'rer Jahreszeiten:
            Bis an den Rand des Himmels rührt
            der Lotosblätter endlos Jadegrün,
            Anders das Rot, da über Wasserrosen
            der Sonne erste Strahlen gleiten.

                Yang Wan-li (1124-1206)


            XXI.

            Ich blieb zur Nacht in
            Hsin Shih Hsü Kung Tien

            Ein Pfad so tief - der Bambuszaun
            säumte ihn locker-licht.
            Blühender Bäume Pracht, sie fiel:
            spendete Schatten nicht.
            Schnell ihn zu haschen, folgt' der Knabe
            dem gelben Schmetterling,
            Verhielt am Rand des Kohlfelds erst -
            verlor ihn aus der Sicht.

                Yang Wan-li (1124-1206)


            XXII.

            Wanderung zum Dorfe Shan Hsi

            Lacht mir des Bauern nicht, ist trüb
            im Monat La der Wein,
            Ein gutes Jahr - an reichgedeckten Tisch
            zu Gaste lud es ein!
            Aus Bergen kehrte wieder schwere Flut:
            unwegsam schien das Land,
            Und dann das Dorf, das eine wieder: hingeduckt
            in dunkler Weidenbäume Blütenschein!
            Flöten, gefolgt von Trommeln, zieh'n vorbei,
            künden der Frühlingsopfer nah'nde Zeit:
            Nach Väter Brauch bewahrt sind Kleid und Hut,
            schlicht noch und einfach-rein.
            Will wiederkehrn von nun an noch so manches Mal,
            so es die Zeit erlaubt,
            Poch' mit dem Wanderstab dann nachts ans Tor,
            das Mondlicht im Geleit.

                    Lu Yu (1125-1210)


            XXIII.

            Unterwegs nach Chien-men ('Degen-Tor')
            kam ich in leichten Regen

            Der Reise Staub auf meinem Kleid, vom Wein,
            den ich gezecht, die Spur:
            Zog weit umher - kein Ort, da freudetrunken nicht
            mein Herz verging im Zauber der Natur!
            Jedoch - ist es geziemend denn, daß ich
            mein Lebtag nur Poet gewesen bin?
            Hin durch den Regen, wie gesponnen fein,
            reit' auf dem Esel ich hinein nach 'Degen-Tor'...

                  Lu Yu (1125-1210)


            XXIV.

            Noch einmal auf die Söhne blickend

            Eitel und leer der Dinge Welt - gewahr's
            erst sterbend ganz, im Gehen;
            Mein Schmerz nur: hab der Heimatgaue Flur
            vereint doch nimmermehr gesehen.
            Den Tag, da hat erkämpft des Herrschers Heer
            das Reich im Norden uns zurück,
            Vergiß beim Ahnenopfer zu berichten nicht
            dem greisen Vater dann, was ist geschehen!

                  Lu Yu (1125-1210)


            XXV.

            Aus dem Gedichtzyklus
            'Bunter Strauß von Gelegenheitsversen
            zu den vier Jahreszeiten in Feldern und Gärten'

            Bei Tage hinaus, das Feld zu jäten - am Abend
            dann spinnend den Flachs noch drehen:
            Die Jugend des Dorfes, Knaben und Mädchen,
            ein jeder hat seiner Pflicht nachzugehen.
            Auch die Kinder und Enkel - zu schwach beim Pflügen,
            unkundig noch, zu weben das Tuch:
            Im Schatten des Maulbeerbaums lernen im Spiel sie
            mit Kürbiskernen ein Beet anzusäen.

                  Fan Ch'eng-ta (1126-1193)


            XXVI.

            Einen klaren Geist
            durch das Studium der Schriften

            Ein halbes Mu im Geviert, der Teich - siehst ihn
            gleich einem offenen Spiegel liegen,
            Darinnen sich blinkendes Himmelsblau und der
            Wolken flüchtige Bilder wiegen.
            Und fragst du, woraus denn erlange der Graben
            solch klare Tiefe:
            Ein Urquell, der ihm zuführt lebendige Wasser,
            welche nimmer versiegen!

                  Chu Hsi (1130-1200)


            XXVII.

            Im Gästehaus von Lin An
            angeschrieben

            Jenseits der Berge da sind grüne Hügel
            und Häuser, die wie hier sich türmen.
            Wann nur werden am Westsee wieder
            Tanz und Gesang zuendegehen?
            Von Schleierdünsten warmer Winde - trunken
            die Wand'rer, die da schweifen
            Und in Hangchow geradwegs Pienchow,
            des Reiches alte Hauptstadt, sehen!

                  Lin Sheng (um 1180)


            XXVIII.

            Ich wanderte zum Garten und
            fand ihn verschlossen

            Daß schonungsvoll der Holzsandale harter Tritt
            meide die blauen Moose,
            Geöffnet lang nicht mehr, der Reisigpforte Tür, an die
            ich sachte pochend stoße.
            Doch mag, von Frühlingssehnen ganz erfüllt, der Garten
            länger sich verschließen nicht:
            Hat mir vom Rand der Mauer oben zugereckt von roten Blüten
            einen Zweig der Aprikose!

                    Yeh Shao-weng (um 1224)


            XXIX.

            Auf dem Dorfe im vierten Mond

            Von frischem Grün weithin das Hügelland,
            von weißem Glanz erfüllt der Strom;
            In Schwaden, wie von Rauch, schwelt
            unter Kuckucksrufen feiner Regen.
            Kaum einer müßig da im Dorf - wer hätt'
            im vierten Monde nichts zu tun:
            Die Raupen fertig erst, das Maulbeerlaub - heißt's
            in die Erde schon den Setzling legen.

                  Weng Chüan (Sung-Zeit)


            XXX.

            Auf dem See

            Auf blütenroten Bäumen sprangen Knospen -
            herüber schallt des kecken Pirols Ruf;
            Am unbewegten See wächst hoch das Gras -
            darüber geht des weißen Reihers Flug.
            Die Luft, der Tag so mild und klar -
            heiter der Menschen Sinn;
            Mit Flöten, Trommeln in der Abendsonne
            kehrt heim der Boote kleiner Zug.

                  Hsü Yüan-chieh (1196?-1245)


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