Zur
Aussprache und Umschrift
der chinesischen Namen und Bezeichnungen
Die phonetisch-orthographische Wiedergabe der chinesischen Sprache ist - ähnlich wie bei anderen lautlich etwas ´eigenwilligen´ Idiomen - nicht ganz einfach. Dies wird dem Lernenden dann umso eher bewußt, wenn die betreffende Sprache originär mit einem anderen als dem lateinischen Alphabet oder gar - wie das Chinesische - überhaupt mit keinem phonetischen Schriftsystem zu Papier gebracht wird. Fehlt es zudem an einer allgemein verbindlichen Transskriptionsnorm, bleibt die individuelle Gewöhnung an ein bestimmtes (lateinisches) Schriftbild meist vom Zufall abhängig - die Umstellung auf eine andere Schreibung ist dann naturgemäß etwas mühselig, die Mängel des ungewohnten Transskriptionssystems fallen umso deutlicher ins Auge.
Die Wiedergabe des Chinesischen in Lateinschrift wurde in mannigfaltiger Weise versucht, praktisch hat jede bedeutende Kultursprache mindestens eine ´eigene´ Umschrift. deutsche Sinologen wie Othmer und Lessing, Wilhelm, v. d. Gabelentz, Haenisch und Unger (um nur einige zu nennen) haben jeweils ihr ´deutsches´ Transliterationssystem entwickelt, wobei einerseits möglichst auf die der deutschen Sprache eigenen Aussprache Rücksicht genommen, andererseits z. T. versucht wurde, durch ´historisierender´ Schreibweisen dem chinesischen Lautstand vergangener Epochen gerecht zu werden - sicherlich ein verständliches Anliegen der klassischen Sinologen.
So ist z.B. unser ´deutscher´ Name für die heutige chinesische Hauptstadt Peking - d.h. unsere Aussprache dieses Namens - wohl auf ein Mißverständnis der genannten sinologischen Aussprachekonvention durch die breite (nicht sinologisch gebildete) Masse deutscher oder überhaupt westlicher Sprachbenutzer zurückzuführen: Tatsächlich sollte durch diese orthographische Form die chinesische Lautung pe (= beh oder bei) und king (= djing oder dsching) wiedergegeben werden.
Selbstverständlich gibt es auch in der englischsprachigen Welt die unterschiedlichsten Transskriptionssysteme. Dasjenige der amerikanischen Professoren Wade und Giles dürfte im Westen das bekannteste und am weitesten verbreitete sein, wenngleich es von wissenschaftlicher Kritik auch nicht verschont blieb. Die Schreibung nach Wade-Giles wurde vorliegend bei der Wiedergabe chinesischer Namen und Bezeichnungen in den Gedichten verwendet, da sie u. E. (nach höchst subjektiver Bewertung und - aus Gewohnheit!) das ansprechendste Schriftbild bietet und für den interessierten deutschen Leser wohl auch nicht schwieriger zu lesen sein wird als die sog. ´deutschen´ Umschriften (wobei es in dieser kleinen Antologie ohnehin nicht so sehr auf eine linguistisch oder sprachhistorisch einwandfreie Lautwiedergabe ankommen konnte).
In den Anmerkungen geht die Schreibung der chinesischen Namen und Bezeichnungen ein wenig durcheinander, was bedeutet, daß vereinzelt auch andere Umschriftsysteme Verwendung fanden. So wurden z.B. bekannte Namen oder Bezeichnungen wie Peking, Nanking oder auch Tao in der im Westen üblichen Schreibung wiedergegeben, bei anderen wie z.B Hangchow, Soochow etc. wurde die (international-englische) Post-Form verwendet.
Bei der Wiedergabe z.B. von Namen heute noch existierender Orte und dergl., für welche es im Westen keine ´gängige´ Schreibweise gibt, wurde vornehmlich die heute in der Volksrepublik China als Norm eingeführte Pinyin-Umschrift verwendet, ebenso bei Transskription der (modernen) chinesischen Autoren- und Verlagsnamen sowie der Buchtitel. Bei bereits transskribierten Titeln etc. wurde die vorgefundene Schreibform übernommen. Dies mag etwas verwirrend und nicht sehr systematisch sein, schadet aber auch nicht: Der hieran weniger interessierte Leser mag es weitgehend vernachlässigen, der neugierige soll durch nachstehende übersicht die Möglichkeit haben, etwas weiter in die Phonetik des Chinesischen und ihre schriftliche Wiedergabe einzudringen.
Nachfolgend wurden die drei Transliterationssysteme Wade-Giles (W-G), Pinyin und eine dem deutschen System nach Lessing und Othmer folgende Form (´deutsch´) näher dargestellt:
(W-G)(Pinyin)(´deutsch´)(Beschreibung der Aussprache)
Konsonanten
(im Anlaut)
y | y | y | wie deutsches
j in: 'ja', 'jung'
(vor ü- und i-Laut oft kaum hörbar gesprochen) |
j | r | j | Ein vergleichbarer Laut kommt im Deutschen nicht vor: seine Aussprache variiert etwa zwischen stimmhaftem sch ('Genie') und dem 'ungerollten' (englischen) r ('wren') |
ts* | z | ds | Etwa
wie deutsches z oder ds (wobei der Laut weniger stimmhaft
als unaspiriert ist)
(* tz vor Sonderlaut u) |
ts'* | c | ts | stark
aspiriertes und stimmloses
deutsches z oder ts
(* tz' vor Sonderlaut u) |
l
m n ng |
l
m n ng |
l
m n ng |
Die Lautwerte
sind im Deutschen in etwa die gleichen
(n als Endkonsonant möglich, aber in manchen Mundarten nicht gesprochen; ng im heutigen Mandarin nie Anlaut) |
rh | r | r | Lautgleich mit j/r/j, jedoch nur als Endkonsonant (kommt praktisch nur in der Silbe erh/er/ör vor) |
s | s | s | anders als im deutschen Anlaut immer stimmlos ('Straße') |
w | w | w | nicht mit dem deutschen w vergleichbar: anlautendes konsonantisches u (wie engl. 'where', 'was') |
Vokale
a | a | a | etwa wie in deutsch: 'Mann' oder 'Vater' |
e* | e | ë**/ö*** | Die Vokalfarbe entspricht
in etwa dem e-Laut in deutsch 'haben'; der Laut ist im Chinesischen
jedoch nicht unbedingt auch unbetont und kann auch länger sein.
*(nach h aber o geschrieben: ho/he/hë) **(regulär mit Pünktchen auf e geschrieben) ***(nach dsch, tsch ö: z.B. Dschö-djiang |
i | i* | i | wie deutsch i
('singen')
*(nach zh, ch, r sh bzw. s, z, und c anderer Lautwert s.u. ih/i/i: bzw. Halbvokal u/i/i: |
ih | i* | i:** | Im Deutschen kein
vergleichbarer Laut: es ist die vokalisierte Entsprechung des (konsonantischen)
Anlauts j/r/j im Auslaut (z.B. ch'ih/chi/tschih
etwa 'tschr' gesprochen).
*(nach zh, ch, r, sh) **(eigtl. i mit 2 Pünktchen - nach dsch, tsch, j oder sch) |
o | o* | o | kurzes offenes o
etwa wie in 'Kopf' (es setzt in der chin. Aussprache mit einem
sehr offenen u-Laut an, so daß es meist als Diphtong uo
- s.u. - geschrieben wird. In Wade-Giles gibt es daher z.B. auch die
Schreibung t'o für t'uo, so für suo
etc. Die Silben po/bo/bo und p'o/po/po
spricht man z.B. trotz der Schreibung eher mit uo-Laut.)
*(in -ong änderung des Lautwerts zu u) |
u* | u** | u* | etwa wie im Deutschen:
lang und geschlossen wie in 'Schuh' (shu, mu,
fu etc.), etwas offener und kurz wie in 'Schwung' (yung/yong/yung,
lung/long/lung etc.) Verbindet sich der Vokal
zu -un, wird er eher mit einem vorangehenden konsonantischen
u (= engl. w) ausgesprochen, so daß z.B. die Silbe
shun/shun/schun eher wie 'schwun' ausgesprochen
wird.
*(nach y änderung des Lautwerts zu ou) **(nach y, j und q Lautwert ü) |
ü* | ü | ü | etwa wie im Deutschen
(z.B. 'früh)'
*(in der Wade-Giles Umschrift der Originalgedichte aus technischen Gründen 'u:' geschrieben!) |
Diphtonge etc.
ai | ai | ai | a + i (etwa wie in deutsch 'frei') |
ao | ao | au | a + u (etwa wie in 'Tau') |
ei | ei | e | e + i (etwa wie in engl. 'hey' |
ia | ia* | ia | i
+ a (etwa
wie deutsch 'ja')
(mit y-Anlaut ohne i geschrieben: ya) *(vor Endkonsonant n Lautwertänderung zu sehr hellem a oder offenem e: z.B. in t'ien/tian/tiän) |
ieh | ie* | iä | i
+ ä
(etwa wie ein kurzgesprochenes deutsches 'jäh'; vor Endkonsonant
n klingt der ä-Laut eher wie ein sehr helles a
wie in in engl.: 'can' oder dänisch: 'tak')
(nach y ohne i : ye) *(vor Endkonsonant n aber Schreibweise '-ian' z.B. in 'tian oder 'yan') |
ou | ou | ou | o + u (etwa wie in engl.: 'ow') |
ua | ua | ua | u
+ a (Laut
kommt im Deutschen kaum vor; er klingt etwa wie in dem Fremwort 'suada'
oder in engl.: 'one')
(anlautend ohne u: 'wa') |
üeh | ue* | üä | ü
+ kurzes
betontes ä
*(nach j, q, x , y) |
iu* | iu | iu | j + kurzes
i + betontes u (etwa zwischen deutsch 'jiu' und 'jiou' auszusprechen)
(anlautend: yu oder you) *(auch -ioh geschrieben) |
ui* | ui | ui | wie deutsch
u + offenes i (wobei das i eher wie der ei-Laut
in engl. 'hey' klingt)
*(z.T. auch -uei geschrieben) |
uo* | uo | uo | wie deutsches
kurzes offenes u + betontes kurzes offenes o
(im Anlaut wird u durch w ersetzt) *( z.T. auch nur o z.B. in to/duo/duo, nicht nach h, k) |
uai | uai | uai | kurzes
u + ai (als eine Silbe gesprochen!)
(im Anlaut ohne u: wai geschrieben) |
Hilfsvokal im Auslaut
u* | i* | i:* | kein vergleichbarer
Laut im Deutschen: Er dient der Vokalisierung und Längung des
vorausgehenden Konsonanten und klingt wie ein dumpfes u oder
i, ohne Lippenrundung bei fast geschlossenem Mund gesprochen
(ähnlich dem ungeschriebenen Vokal in serbokroatisch 'trg')
*(nach ss od. sz/s/s, tz/z/ds, tz'/c/ts) |
Auch die meisten anderen - insbesondere die westlichen - Sprachen haben diese Schreibung und eine im wesentlichen auf ihr beruhende ´falsche´ (= nichtchinesische) Aussprache.
Ohne den eigenen akustischen Eindruck von der Aussprache (z.B. in einem Sprachlabor) wird aber auch die treffendste Beschreibung der Laute allenfalls eine schwache Vorstellung von der Phonetik des Chinesischen vermitteln - wobei noch auf die jeweiligen Töne der chinesischen Silben zu achten wäre, denen bedeutungsunterscheidende Relevanz zukommt. Auch diese - wenigstens - vier Töne können schwerlich zureichend beschrieben werden (wurden aber gleichwohl der Vollständigkeit halber bei Darstellung des Zeichen- und Wortschatzes der Gedichte mit Ziffern von 0 bis 4 angegeben, wobei die Ziffer 0 den sog. ´neutralen´ Ton bezeichnet.